„Wie weit dürfen Menschen eigentlich gehen, um auf sich aufmerksam zu machen?“ fragt BILD und zeigt dazu das Rammstein-Cover im Großformat. Die akribische Recherche des Springer-Blattes ergibt, dass das für medizinische Zwecke in Formalin konservierte Kind sogar schon 200 Jahre tot sei. Rudolf Hammerschmidt von der Katholische Bischofskonferenz („Geschmacklos! Wie kann man ungeborenes Leben so zur Schau stellen?“) und Thomas Krüger von den Evangelen („Jede würdelose Darstellung Toter wird von uns abgelehnt“) geben die „empörten“ Würdenträger ab. Ihre zweitausendjährige Erfahrung mit der Darstellung eines recht würdelos ans Kreuz Genagelten erwähnen sie nicht. Doch sie machen aus einem Nichts eine Nachricht, deren Millionenauflage den Teutonenrockern das Grinsen ins Gesicht gezwungen haben dürfte. Nun zählen die Rammsteiner ja nicht gerade zu den Lieblingen von LAUT. Auch wenn das Coverbild in der Hinsicht unverdächtig ist, bestätigen sie auf andere Weise immer wieder die schon 1982 von Saul Friedländer geäußerte These, „dass ein neuer Diskurs über den Nazismus sich heute genau auf der imaginären Ebene, im Bereich der Bilder und Gefühle entfaltet.“ Solch heuchlerischen Freunde allerdings wünschen wir nicht mal unserem ärgsten Feind.
Sep
22
2002