Jul
10
2006

Prelistening mit Tom Morello

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„Big hard rock record with a funky bottom“, beschrieb Gitarrist Tom Morello das dritte Studioalbum „Revelations“ im Vorfeld. Audioslave können und wollen nicht aus ihrer Haut heraus. Dennoch funktioniert die Fusion der beiden großen Rock-Acts Rage Against The Machine und Soundgarden immer zwingender, wie die ersten Frequenzen der exklusiven Listening-Session, die der Presse gestern um die Ohren geblasen wurden, beweisen. Diese Band ist noch lange nicht fertig. Zuvor lotste die Plattenfirma die Journaille und einige geladene Fans in einen fast schon verträumt gelegenen Hinterhof im Münchner Süd-Osten. In einem umgebauten Ex-Gemüselager untergebracht, bot das Tonstudio Plan 1 ein wahrlich stilechtes und angesichts der Hitze draußen angenehm kühles Ambiente: Regiekabinen, jede Menge Hi-Tech, Marshall-Boxen, gedimmtes Licht, Perserteppich ? so sieht ein Tonstudio aus, in dem Leute wie Mike Oldfield, Bananafishbones oder die Sortfreunde Stiller ihre Tracks einspielen. Als Stargast Tom Morello, leicht verspätet aus Mailand eingetroffen, den Raum betritt, macht erwartungsfroher Applaus der zuvor fast andächtigen Stille Platz. Das Audioslave-Sprachrohr gibt sich wie immer sympathisch und professionell, dennoch wirkt Morello leicht aufgekratzt. Der Grund ist offensichtlich: Der Stolz auf das neueste Werk spiegelt sich in seinen Augen mehr als deutlich wider. Die Band sei nach der Tour im vergangenen Herbst so eingespielt wie nie gewesen, berichtet er, und deshalb sei man direkt ins Studio gegangen, um die Live-Chemie aufs Album hinüber zu retten. Mit Produzent Brendan O’Brien, den Morello schon aus Rage Against The Machine-Zeiten kennt, verpasst sich die Band wieder einen raueren Vibe. Natürlich schepperte auch der Vorgänger. Doch die erste Auskopplung „Original Fire“ setzt mit ihrer dreckigen 70er-R?n?R-Attitüde ein deutlich anderes Zeichen als „Be Yourself“ vom Album „Out Of Exile“. Das Riff, so Morello, geistere ihm schon seit zehn Jahren durch den Kopf, mit Hilfe der anderen habe er es jetzt endlich in einen Song umsetzen können. „Wide Awake“ zeigt die Band erstmals von einer explizit politischen Seite: Sänger Chris Cornell beschäftigt sich darin mit dem Versagen der Bush-Administration angesichts der Hurrikans Katrina. Weite Teile von „Revelations“ klingen ausdifferenzierter und weniger am Lehrbuch des Stadionrocks orientiert. Dennoch gelingt es Morello und Co. hitverdächtige Vocal-Passagen mit einem ungemein aggressiven, funk-infizierten Rhythmus-Fundament auf erstaunlich geschmeidige Art zu verbinden. „Revelations“ beginnt mit schnellen, tanzbaren Tracks („One And The Same“ oder „Sound Of A Gun“) und pendelt sich immer mehr im schwer groovenden Midtempo-Bereich ein. Besonders beim geshuffelten, mit exzellenter Basslinie bestückten „Broken City“ und dem gefährlich röhrenden „Jewel Of The Summertime“ möchte man am liebsten vom Stuhl aufspringen, und sich vor allen Medienkollegen zum Kasper machen. Wie auf jeder Audioslave-Platte finden sich zudem einige langsamere Stücke in traditioneller US-Rock-Manier ein. Tom Morello ließ die Journalisten während der Session mit seiner Musik zwar alleine. Eines weiß er aber ganz genau: Auf der nächsten Tour werfen Audioslave dank „Revelations“ noch mehr Hits in den Moshpit als sonst.