Der erste Gang galt selbstverständlich den sanitären Anlagen. Schade: Kein USB-Stick unterm Klodeckel! Wieder hoch die Treppen ins kleine aber schnieke Münchner Cafe am Hochhaus, ein Eckgebäude mit großzügig angelegten Fenstern, hin zu den 16 Tracks der neuen Nine Inch Nails-Scheibe „Year Zero“. Das Label Universal hatte sechs Wochen vor Release zu einer Pre-Listening-Session geladen – und dürfte die Musikjournaille im intimen Hörerkreis kaum enttäuscht haben. Sicher, ein Trent Reznor-Album klingt nun mal nach einem Trent Reznor-Album. Das wird sich nicht ändern, trotz der gerade in Fan- und Fachkreisen heiß diskutierten und beeindruckenden Marketingaktion, die Nine Inch Nails auffahren, um „Year Zero“ zu promoten. Musikalisch scheint Reznor seine Arrangements dagegen etwas minimalistischer als sonst zu gestalten. Zuweilen kracht zum digital zerstückelten Gitarrensolo gerade ein mächtiger Drum-Loop. Mal hart rockend, mal synthetisch, immer collagenhaft und mit Trents präsenter und eingängiger Stimme, der, sobald es zu schön wird, noisiges Störfeuer entgegen gehalten wird – so kennt man das atmosphärisch dichte Netz, das NIN seit jeher knüpfen. Die düstere Industrial-Single „Survivalism“, ein eher durchschnittliches Stück, führt dabei ein wenig auf die falsche Fährte. Denn nicht wenige Tracks, die zwischen Songformat und Soundscape pendeln, geben sich betont groovig und sind im Midtempo angesiedelt. „The Good Soldier“ weist ein geradezu funkiges Synthiemotiv auf und der schleppende Ryhthmus des dynamischen Songs „Vessel“, eines der besten Stücke, könnte gar als harter Abstract Hip Hop-Groove durchgehen. Dasselbe gilt für „The Greater Good“. Zuweilen hört man auch dubbig verhallte Sounds. Als potenzieller zweiter Single-Kandidat empfiehlt sich das exzellente „Meet Your Master“, das schräge Sounds in unnachahmlicher Weise in eine noisige Pop-Struktur einbindet. „Capital G“ könnte dagegen auch ein Marilyn Manson in sein Set einbauen, das ruhige, elektronische „Me, I’m Not“ sollte Depeche Mode-Fans gefallen. Etwas aus der Reihe tanzt das rockorientierte „The Beginning Of The End“ mit rohen Drums, während „The Warning“ eine Blues-Line in ein vertracktes Elektrobeat-Gerüst einbaut. Das Sound-Feuerwerk von „The Great Destroyer“ stünde phasenweise sogar Aphex Twin gut zu Gesicht. Unterm Strich knüpft die neue Scheibe an der Eingängigkeit des Vorgängers „With Teeth“ an, hinterließ aber – zumindest bei der laut.de-Belegschaft – einen stärkeren Eindruck. „Year Zero“ erscheint am 13. April, die Single „Survivalism“ bereits am 30. März. Die Live-DVD „Beside You In Time“ liegt bereits in den Läden. Halbe Sachen gibts bei Trent eben nicht.
Mar
1
2007