Jun
11
2008

Rock’n’Roll-Life in Zeiten von Youtube

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Winehouse‘ Ehemann Blake Fielder-Civil steht offenbar unter größtem Druck. Vielleicht hat er seine privaten Videos von Amy im Knast gegen Zigaretten und Vergünstigungen getauscht, vielleicht wurden sie ihm auch entwendet – jedenfalls waren sie nie für die Außenwelt bestimmt. Nun aber gelangten auch von Amy Aufnahmen an die Presse, die ihr nicht eben zum Vorteil gereichen. Auch wenn sie sich umgehend entschuldigte, beschädigt das fremdenfeindliche Liedchen den Mythos von ‚Sex, Drugs And Rock’n’Roll‘ erneut – nachdem zuvor schon Paris Hilton sämtliche Porno-Klischees bedient und Pete Doherty seinen Crack-Rausch in aller Öffentlichkeit genossen hatte. Als Ian Dury 1977 das alte Lied von ‚Wein, Weib und Gesang‘ neu formulierte, lag die Hochzeit von ‚Sex, Drugs And Rock’n’Roll‘ bereits fast zehn Jahre zurück. Während dieser kurzen Blüte hatten sich Geld und Kunst auf LSD-getränkten Partys getroffen, und das Ertrinken im Swimming Pool galt als ehrenwerter und hinreichend glamouröser Rocker-Tod. Die Drogen-Euphorie war bald vorüber. Doch nichts, nicht einmal das einsame Sterben von Morrison, Joplin und Hendrix, zerstörte die Phantasiebilder vom wilden Rocker-Leben, vom ungehemmten, durch Rausch und Musik intensivierten Sex so gründlich und unwiderruflich wie die Bilder der Handy-Kameras. Sei es Sex in der Öffentlichkeit, exzessiver Drogenkonsum oder ein fremdenfeindliches Liedchen – die Kamera vergrößert die Lust am Tabubruch und mengt ihr ein exhibitionistisches Element bei. Doch die Filmchen von Paris, Pete und Amy lassen keinen Raum für Phantasie, sondern rauben jede Illusion. Die konsumierten Drogen sind billig und machen dumm, das Ambiente wirkt erbärmlich kleinbürgerlich, und die Akteure entkleiden sich vor der Kamera jeglicher Würde. Rock’n’Roll-Life in Zeiten von Youtube: Man wünschte, man wäre NICHT dabei gewesen.