Die steilsten Gratistracks aus Pop, Rock, Hip Hop, Elektro. Diese Woche unter anderem mit der Super-Rock-Collabo The Dead Weather. Telekinesis – Coast Of Carolina (aus „Telekinesis!“, Morr Music) Telekinesis ist im Grunde genommen ein Soloprojekt. Denn hinter all dem mitreißenden Indierock und -pop ? la Nada Surf oder Death Cab For Cutie steckt ein einziger Typ mit nerdiger Brille, krummer Nase und einer Frisur, die keine ist. Credits dafür! Während dieser Typ namens Michael Lerner live „nur“ singend hinter dem Schlagzeug sitzt und dabei an Gitarre, Bass und Keyboards von versierten Händen aus der Seattler Musikszene unterstützt wird, hat er für sein erstes Album unter dem Namen Telekinesis an jedem Instrument ausschließlich selbst Hand angelegt. Michael Lerner ist demnach Multiinstrumentalist und hat „Telekinesis!“ gemeinsam mit Death Cab For Cutie-Produzent und -Gitarrist Chris Walla aus dem Ärmel geschüttelt. Pro Tag wurde ein Song auf analogem Band festgehalten und dabei eines nie gemacht: diskutiert. So ist ein Album entstanden, das dem Indierockpop-Fan zwar auch vor fünfzehn Jahren schon den Sommer gerettet hätte, aber auch 2009 durch Natürlichkeit und Spielfreude ansteckt, mitreißt und begeistert. Tonspion-Tracks rotieren auch auf laut.fm/eins, der ersten Adresse für das beste von heute und das erste von morgen.
Julian Plenti – Fun That We Have (aus „Julian Plenti Is … Skyscraper“, Matador) Mehr als eine Dekade ist Banks mit Interpol zugange. Und wer als Band Songs in Gemeinschaftsarbeit schreibt weiß, dass nicht immer alles verwurstet wird, was man an Ideen angeschleppt hat. Ist man schlau, sammelt man diese Skizzen und bereitet sie von Zeit zu Zeit im Alleingang auf. So wie Paul Banks, der seither immer wieder Ideen und Skizzen beiseitegeschafft und diese auch live unter dem Pseudonym Julian Plenti gespielt hat. Eine Kollektion seines Alleinganges wird Anfang August via Matador in den USA erscheinen. Banks Stimme ist natürlich unverkennbar, und auch die Melodien sind nun nicht allzu weit entfernt von dem, was seine Band ausmacht. Auffällig anders sind aber der Hang zum Lo-Fi und die etwas weniger düstere Attitüde. Hier scheint jemand seine songwriterische Alleinherrschaft hörbar zu genießen. Kat Edmonson – Just Live Heaven (Cure Cover) (aus „Take To The Sky“, Convivium) Kat Edmonson widmet sich Evergreens von Sinatra bis zu den Cardigans und covert sie sanft und behutsam. Sicherlich keine neue Idee, keine große Tat, eventuell sogar etwas abgestanden und beliebig. Aber man hört, dass Ms. Edmonson einen besonderen Bezug zu diesen Stücken hat, geradezu liebevoll scheint sie den Tracks neues Leben einzuhauchen. Ihr Talent hat ihr bereits Vergleiche mit Billie Holiday oder Peggy Lee eingebracht. Das mag vielleicht etwas hoch gegriffen sein, in der Jazzszene gilt Edmonson allerdings in der Tat als hochkarätige Newcomerin. Und die Tür zum Pop hat sie sich mittels der großen Vorlage von The Cure soeben mehr als nur einen Spalt breit geöffnet. Black Eyed Peas – Let The Beat Rock (Boys Noize Remix feat. 50 Cent) (aus The E.N.D., Universal) Nach erfolgreichen Soloprojekten und dem Aufstieg Will.I.Ams in die Riege der gefragtesten Produzenten haben sich die vier Black Eyed Peas wieder zusammengefunden und einen Nachfolger zu „Monkey Business“ eingespielt. Dass „The E.N.D.“ keine Fortsetzung ihres Engagements für Obama ist, haben die Black Eyed Peas schon mit der ersten Single „Boom Boom Pow“ klar gemacht. Partysound mit Texten nahe an der Redundanzgrenze und der Erkenntnis: An Autotune kommen Will.I.Am, Fergie und Co. 2009 auf keinen Fall vorbei. Trotzdem: „Boom Boom Pow“ oder „Imma Be“ pumpen amtlich, definieren High Concept R&B anno 2009. Die Black Eyed Peas buhlen mit „The E.N.D.“ jedenfalls heftig mit Kanye West um die Krone in diesem Segment. Hipster-Pluspunkte sammeln sie dabei mit den „Boom Boom Pow“-Remixen von Boys Noize, der den Song auf seine Kernaussage reduziert und sich darüber auch ein kleines bisschen lustig macht. Major Lazer – Hold The Line (aus „Guns Don’t Kill People! Lazers Do!“, Downtown) Mit der Neugier und der Freude kleiner Kinder sind Diplo und Switch mit ihrem Dancehall-Projekt Major Lazer an die Wurzeln ihres Sounds gegangen. Ohne die großen Experimentatoren Jamaikas wären die letzten Alben von M.I.A. oder Santigold, an denen Switch und Diplo jeweils als Produzenten beteiligt waren, nicht möglich gewesen. Ergo haben sie ihre Zelte für einige Wochen in der Karibik aufgebaut und mit kleinem Plastikspielzeug ihre Major Lazer-Welt zusammen gebastelt. Grell und bunt, laut und trubelig geht es darin zur Sache. Wie Kindergeburtstag wirkt „Hold The Line“, der erste Track, den Major Lazer als DJ Edit im Blog von Diplos Label Mad Decent geleakt haben. Das Stück gibt es inzwischen auch als Rework, statt Santigold und Dancehall-MC Lexxus, steht bei der „Call Mi“ genannten Version mit Baby Cham eine weitere Dancehall-Größe bereit, um mindestens am größten Klingelton-Sommerhit der Saison mitzuwirken. My Latest Novel – All In All Is All (aus „Deaths And Entrances“, Cooperative Music)„Wolves“, das erste Werk der Schotten, entfaltete sich vor dem Hörer wie ein dickes, altes Buch: in aller seiner düster-melancholischen, aber nicht hoffnungslosen Pracht. Sinfonische Popmusik, einer Oper der Gefühle. Und dann die Stille nach dem emotionalen Sturm. My Latest Novel haben sich rar gemacht, fast drei Jahre nichts Neues veröffentlicht. Jetzt erscheint die große Herausforderung, ein zweites Album – das stilistisch nahtlos an den Vorgänger anschließt. Schwermütige, breit instrumentierte Songs, oftmals getragen durch die Violine von Laura McFarlane. Mit „Death And Entrances“ ist den Schotten wieder ein grandioses Album gelungen: Es lohnt sich immer noch, keine Angst vor dem Kitsch zu haben. The Picturebooks – On The Go (aus „List Of People To Kill“, Nois-O-Lution)Millencolin, The Butterfly Effect und 65daysofstatic luden dieses Trio aus Gütersloh bereits zu gemeinsamen Konzerten ein. Die Band ist also nicht ohne Grund in aller Munde jener, die hierzulande auf Noiserock und Krachgitarrenmusik stehen. In speckigen Flanellhemden und zerschlissenen Jeanshosen ziehen sie von Club zu Club und reißen dort die Amps auf. Immer laut, immer schnodderig und immer ohne Rücksicht auf Verluste. Mal hört man Nirvana, dann wieder die Pixies und stets trifft der herbe Noise im richtigen Moment auf den Pop. Dass ein Song der Kinks für diese junge Bande als Namensgeber steht, kann als Referenz verstanden werden, mehr aber auch nicht. Denn The Picturebooks sind ausgezogen, um den Rock’n’Roll und seine exzessiven Elemente zu retten. Und sie sind auf einem guten Weg. Katy Perry – Waking Up In Vegas (Calvin Harris Remix) (aus „One Of The Boys“, EMI) Auch die Popkultur hat vermutlich ihre Grenzen: Die zum billigem Trash wird von Katy Perry gerne mal ignoriert. Ihr neuer Remix-Kompagnon Calvin Harris ist in dieser Hinsicht bekanntlich selbst ein Grenzgänger, der sich für nichts zu schade ist. Im Pop ist eben eigentlich doch alles erlaubt. Sein Remix von „Waking Up In Vegas“ macht aus dem glattgebügelten Original einen okayen Dancefloor-Hit. Und eines hat das Team um Ms. Perry natürlich auch erkannt: Es erleichtert die Reise durch die Popwelt, wenn man dabei auf die richtigen Leute setzt. The Dead Weather – Treat Me Like Your Mother (aus „Horehound“, Sony Music) The Dead Weather wurden von Jack White ins Leben gerufen, der neben seiner ständigen Produzententätigkeit, der jüngsten Bond’schen Liaison mit Alicia Keys und seinen Bands The White Stripes und The Raconteurs scheinbar noch immer nicht richtig ausgelastet ist. Gemeinsam mit The Kills-Sängerin Alison Mosshart, dem Queens Of The Stone Age-Gitarristen Dean Fertita und The Raconteurs-Kollegen Jack Lawrence hat White ein Album gemacht, das Lärm und Verzerrung auf den Punkt bringt, mit Lautstärke umgehen kann und weiß, was Alternative Rock braucht, wenn er heute aufgehen soll: keine Schnörkel, dafür aber Beständigkeit in der Retrospektive.