Jeff Lynne, Kopf des Electric Light Orchestra, kann stolz sein: Sein neues Studioalbum „Alone In The Universe“ entwickelt sich zum bemerkenswerten Triumph, der dem Mastermind endlich auch die Anerkennung von Kritikern und jungen Künstlern beschert. Was macht diesen Eigenbrötler plötzlich so besonders?
Text: Ernst Hofacker
Wenige Musiker können auf eine erfolgreichere Karriere zurückblicken. Und wenige wurden über die Jahrzehnte von der Kritik so konsequent ignoriert, wenn nicht gnadenlos abgekanzelt. Keine Frage: Jeff Lynne und sein Electric Light Orchestra, das mit Monsterhits wie „Sweet Talkin’ Woman“, „Telephone Line“ und „Don’t Bring Me Down“ in den späten 1970er-Jahren abräumte, galten schon immer als, nun ja, irgendwie uncool. Man warf dem Mann mit dem Vollbart und der obligatorischen Aviator-Sonnenbrille seinen Hang zu Kitsch und musikalischem Pomp vor, hielt ihn im besten Fall für einen Beatles-Imitator und tat seine Alben gerne mal als hohle Egotrips ab. Was Lynnes nach Millionen zählendes Publikum allerdings nicht davon abhielt, die Alben mit dem Erkennungszeichen des bunten Ufos auf dem Cover, zum Beispiel „Eldorado“ (1974), „A New World Record“ (1976), „Out Of The Blue“ (1977) und „Discovery“ (1979), massenhaft zu kaufen.
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Ab Mitte der 1980er-Jahre dann war es still um das englische Pop-Orchester geworden. Lynne tat sich mit den prominenten Mitstreitern George Harrison, Bob Dylan, Roy Orbison und Tom Petty zur Veteranen-Riege Traveling Wilburys zusammen und verlegte sich bis auf weiteres auf das Produzieren befreundeter Musiker. Aber auch an den Ergebnissen dieser Aktivitäten arbeitete sich die internationale Kritik gerne ab. Zuletzt anlässlich des „Zoom“-Albums von 2001, mit dem Lynne das E. L.O. noch einmal wiederbelebt hatte.
Einfluss für Daft Punk, Ed Sheeran & Co.
Danach war 14 Jahre lang Ruhe. Nun gibt es mit „Alone In The Universe“ überraschend ein neues Studioalbum. Und ebenso überraschend hat sich der öffentliche Wind gedreht – die Presse jubelt plötzlich einhellig. So vergeben die englischen Magazine „Q“, „Mojo“ und „Uncut“ Höchstwertungen, desgleichen einheimische Magazine wie „Classic Rock“, „Visions“ und „Rolling Stone“, wo die Messer in der Causa Lynne bislang besonders gerne gewetzt wurden. Nachgewachsene Generationen von Musikern allerdings haben sich schon immer zu Lynne bekannt, darunter prominente wie Daft Punk, die für ihren Song „Face To Face“ den E.L.O-Hit „Evil Woman“ sampelten, aber auch nicht ganz so bekannte, zum Beispiel die kanadischen Indierocker The New Pornographers, die Lynne zu ihren wichtigsten Einflüssen zählen. Ebenso Ed Sheeran, der bei den Grammy-Verleihungen 2015 mit Jeff zusammen performte.
Auslöser für die flächendeckende E.L.O.-Renaissance und seine öffentliche Rehabilitation dürfte ein Artikel des einflussreichen englischen Musikjournalisten Simon Price im renommierten Musikportal „The Quietus“ gewesen sein. Dort ließ der bekennende E.L.O.-Fan am 16. September 2014 anlässlich des E.L.O.-Comeback-Konzerts im Londoner Hydepark seiner Euphorie freien Lauf: „Es war, auf die bestmögliche Weise, als wäre Punk nie geschehen. Der Rest meiner Plattensammlung soll mich für eine Weile in Ruhe lassen. Lasst mir ein paar Tage Zeit, dann werde ich wieder bereit sein, mir ‚Metal Box’ von PIL anzuhören. Bis dahin aber will ich von nichts wissen, wo nicht vorne drauf das vielfarbige Ufo abgebildet ist.“
Dem Mann kann geholfen werden: „Alone In the Universe“ ist genau das, worauf Fans gewartet haben, eine liebevolle Hommage des Meisters an die großen Zeiten seines E.L.O. – zehn neue und üppig nach Art des Hauses arrangierte Songs, die es locker mit den alten Heldentaten aufnehmen können. Natürlich mit dem guten alten Ufo auf dem Cover.
Jeff Lynne’s ELO: Alone In The Universe
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