Jul
13
2020

AC/DC: 40 Jahre BACK IN BLACK!

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Wie AC/DC nach dem tragischen Tod von Bon Scott 1980 mit BACK IN BLACK das größte Rockalbum der Geschichte schufen – und warum es auch 40 Jahre später nichts von seiner Magie eingebüßt hat…

Text: Alex Gernandt

“Rock And Roll ain’t noise pollution/ Rock And Roll ain’t gonna die…“

Rock wird niemals sterben, heißt es im letzten Song von AC/DCs legendärem Megaseller BACK IN BLACK, der jetzt sein 40. Jubiläum feiert. Doch für einige Momente im Jahr 1980 schien es, als seien AC/DC gestorben. Und zwar mit Bon Scott! Wie sollte es nach dem tragischen Tod des charismatischen Frontmanns am 19. Februar 1980 weitergehen? Die Bandsituation schien für die Brüder Malcolm (damals 27) und Angus Young (damals 24) schier aussichtslos!

Dabei lief bislang alles super für sie: Mit HIGHWAY TO HELL hatten sie 1979 ein weiteres Level der Erfolgsskala erklommen, waren jetzt nicht nur in Europa und Australien groß, sondern endlich auch in Amerika, mit Chart-Hits wie “Touch too much“ oder “Girls got Rhythm“. Erstmals hatte hier Robert John “Mutt“ Lange die Produktion übernommen, ein unermüdlicher Soundtüftler, der solange rackerte, bis er das Beste aus der Band rausgeholt hatte – und dadurch immer wieder die Geduld von Malcolm, Angus und Bon strapazierte, die es gewohnt waren, ein Album kurz und schmerzlos in drei Wochen fertigzustellen. Doch der Erfolg, die Positionierung von HIGHWAY TO HELL in den Top 20 der US-Billboard-Charts, gab Mutt recht.

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Am 28. Januar 1980 hatten AC/DC das letzte Konzert ihrer HIGHWAY TO HELL-Welttour gespielt, im Gaumont Theatre in Southampton, England. Was keiner ahnen konnte: Es sollte der letzte Auftritt im Leben des von den Fans über alles geliebten Sängers Bon Scott gewesen sein. AC/DC hatten sich im Februar in London eingefunden, um die Arbeit am Nachfolge-Album von HIGHWAY TO HELL zu beginnen. Malcolm und Angus waren die ersten im Studio, Bon hatte zunächst noch frei und genoss die Zeit – etwas zu sehr, wie sich bald herausstellen sollte. Am 18. Februar war er mit seinem Kumpel Alistair Kinnear durch Londoner Clubs gezogen und ließ es krachen. Nach durchzechter Nacht schaffte es Alistair nicht, den sturzbetrunkenen Bon in seine Wohnung zu bekommen und ließ ihn daher in seinem Renault übernachten, nur dürftig zugedeckt trotz Eiseskälte. Am nächsten Morgen wurde Bon Scott, der auch an Asthma litt, leblos aufgefunden. Im King’s Hospital konnte nur noch sein Tod festgestellt werden. Ronald Belford “Bon“ Scott wurde 33 Jahre alt. Die schreckliche Nachricht löste in der Rockwelt einen kollektiven Schock aus. In knapp sechs Jahren bei AC/DC war Bon Scott zur Kultfigur geworden.

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DAS DUNKELSTE KAPITEL

Jetzt begann das dunkelste Kapitel in der bislang so erfolgreichen Geschichte der Band. Angus erinnert sich im Interview mit dem Autor: “Bon war gut drauf. Er hatte uns kurz zuvor noch im Studio besucht. Im Spaß fragte er: You want a drummer? Und ‚Mal‘ antwortete: Klar! Also setzte sich Bon ans Drumkit und trommelte just for fun auf zwei neuen Nummern, ausgerechnet ‚Have a Drink On Me‘ und ‚Let Me Put My Love Into You’…“ Angus weiter: “Bon wollte anfangen, Lyrics für die ersten neuen Tracks zu schreiben. Er sagte, er sei bereit, es würde ihn jucken, endlich wieder loszulegen – und kurz darauf war er tot.“

Musiker, Redakteure, Wegbegleiter & Fans feiern das 40-jährige Jubiläum von BACK IN BLACK

Doch Angus sagt im Interview auch: “Bon war keineswegs so selbstzerstörerisch drauf, wie viele meinen. Er genoß das Leben, ja, er feierte oft hart und erzählte uns gern davon, aber er ließ nicht ein einziges Konzert ausfallen. Nie. Bon war diszipliniert und gab auf der Bühne immer alles!“ Und Malcolm, eher als wortkarg und zurückhaltend bekannt, fügt hinzu: „Man kann nicht in Worte fassen, was der Tod eines Menschen, eines Freundes, mit einem selbst macht!“ Als der ältere Young-Bruder hatte Mal damals die schwere Aufgabe, Bons Mutter in Australien den tragischen Tod ihres Sohnes am Telefon beizubringen.

Die Beerdigung fand am 1. März 1980 in Fremantle, Australien statt. Malcolm, Angus, Bassist Cliff Williams und Drummer Phil Rudd waren am Boden zerstört, die Band stand vor dem Aus. Doch ausgerechnet Bons Eltern, Mutter Isa und Vater Chuck waren es, die den Young-Brüdern Mut zusprachen weiterzurocken, denn “das wäre in Rons Sinn gewesen!“. Die Eltern nannten ihren Sohn stets Ron, von Ronald, seinem eigentlichen Vornamen. Ihre eindringlichen Worte nahmen sich Malcolm und Angus zu Herzen. Und überlegten, wie es jetzt weitergehen könne. Es musste ein adäquater Nachfolger für Bon gefunden werden – Ersatz wäre das falsche Wort. Für einen Bon Scott kann es keinen Ersatz geben.

„Ob Indierocker, Alternative, Punkrocker, Metal-Fan, Rock-Fan, das ist eine Band, auf die wir uns alle einigen konnten.“ Marcel Thenee, stellvertretender Chefredakteur „GUITAR“

Verschiedene Sänger waren im Gespräch, Noddy Holder von Slade, Allan Fryer von Heaven, Marc Storace von Krokus, heißt es. Die Wahl fiel auf einen Shouter aus Newcastle im hohen Norden Englands: Brian Johnson von der Band Geordie. “Ich war schon immer AC/DC Fan“, sagte der 1995 in einem Interview mit dem Autor, “wir hatten sogar ein Cover von ‚Whole lotta Rosie‘ im Programm. Ich war also bestens gewappnet.“ Nur einen Monat nach Bons Beisetzung, Anfang April 1980 wurde Brian Johnson offiziell als neues AC/DC-Mitglied vorgestellt. Und dann ging alles Schlag auf Schlag!

EINE HOMMAGE AN BON SCOTT

Es war die Idee von Topproduzent “Mutt“ Lange, die neue Platte auf den Bahamas, auf der Insel New Providence westlich von Nassau, aufzunehmen: “Die Compass Point Studios sind auf dem modernsten Stand der Technik und außerdem ist es gut, dass die Jungs dort nicht abgelenkt werden wie etwa in London oder Sydney. Sie können sich hier voll auf die Arbeit konzentrieren.“

Schnell hatten Malcolm und Angus den Titel BACK IN BLACK gefunden. Es war von vornherein klar, dass dieses neue Album eine Hommage an den unvergessenen Bon, ihren Freund, werden solle. Mit einem komplett schwarzen Cover, das die Trauer symbolisierte. Passend ließen sie die Platte mit Höllenglocken einläuten – “Hells Bells“! Toningenieur Tony Platt fand eine vier Tonnen schwere Glocke, die “Denison Bell“, auf einem Kriegsdenkmal in Leicestershire, England. Sie hängt dort im Carillion Memorial Tower, und Tony nahm ihr Geläut mit Hilfe von Ronnie Lanes mobilem Studio für “Hells Bells“ auf. Man hört es bis heute in jedem AC/DC-Konzert.

Weitere Songs, die auf den Bahamas unter der Ägide von “Mutt“ Lange aufgenommen wurden, waren “Shoot To Thrill“, “Given The Dog A Bone“, “Let Me Put My Love Into You“, “Shake A Leg“, “What Do You Do For Money Honey“ – und natürlich “You Shook Me All Night Long“, bis heute ein Fan-Favorit in jeder AC/DC-Show – und in jeder Stripbar rund um den Globus! Brian konnte hierbei unter Beweis stellen, dass er stimmlich mit Bon mithalten konnte. Zum Text von “You Shook Me All Night Long“ war er am Strand auf den Bahamas inspiriert worden, an dem sich jede Menge amerikanischer Bikinischönheiten tummelten. So kam er auf die Zeile: “She’s knocking me out with those American thighs…“ Brian erklärt: “Ich war zu jener Zeit noch nie in den USA, aber meine Fantasie war spontan angeregt von dem Anblick der US-Girls…“. Und Produzent Lange lieferte den Sound. Im Studio wurde er zum sechsten Bandmitglied, sein Credo lautet: “Let’s keep doing it, till we get it right.“ Er stellt fest: “Zwei Sachen sind extrem wichtig: Die Integrität des Künstlers, die gewahrt werden muss, und der kommerzielle Erfolg, der erzielt werden muss.“

Kurz nach Eintreffen von AC/DC auf den Bahamas suchte ein heftiger Hurricane die Insel heim und parallel soll ein Machetenkiller dort sein Unwesen getrieben haben. Brian fühlte sich nicht sehr wohl, die Situation hatte aber auch was Gutes. Er kam dabei auf die legendäre Opening-Zeile von “Hells Bells“: “I’m a rolling thunder, a pouring rain/ I’m comin‘ on like a hurricane/ My lightning’s flashing across the sky/ You’re only young but you’re gonna die…“, die bis heute zehntausendfach in Arenen rund um die Welt lauthals mitgegrölt wird.

Die Nummer “Have A Drink On Me“ wurde damals aufgrund des Titels von einigen Fans kontrovers diskutiert, weil Bon Scott eben nach Einfluss von Alkohol ums Leben gekommen war. Der Songtitel könne unter Umständen als respektlos oder pietätlos interpretiert werden, hieß es. “Nein, das sehen wir nicht so“, entgegnete Angus, “die Bedenken sind unbegründet, wenn man Bon gut kannte. Er hätte das gefeiert, es wäre genau seine Art von Humor gewesen!“ Genauso wie die anzüglichen Songtitel “Given The Dog A Bone“ oder “Let Me Put My Love Into You“.

FEUERPROBE FÜR BRIAN

Am 29. Juni 1980, knapp vier Wochen vor Veröffentlichung von BACK IN BLACK, fand in Namur, Belgien das erste AC/DC-Konzert mit Brian Johnson statt. Die Feuerprobe. Es waren übergroße Erwartungen, die Brian, genannt „Jonna“, nach Bons Tod zu erfüllen hatte. Fans in aller Welt verehrten Bon Scott noch immer kultisch. Würden sie einen anderen akzeptieren? Selbst die New Yorker Plattenmanager waren skeptisch. Doch Brian ging in seiner hemdsärmeligen Art, mit typisch britischer Working-class-Attitüde, relativ unbekümmert an die Mammut-Aufgabe ran. Und schaffte es, sich als ehrlicher Rock’n’Roll-Arbeiter allmählich in die Herzen der Anhänger zu rocken. Brian ist kein Charismatiker wie Bon, kein geborener Rockstar, eher der Kumpeltyp aus dem Pub an der Ecke, mit dem man gern einen Pint leert. Das passt zu AC/DC und kommt bei den Fans an. Mit seiner eindringlich-heiseren Röhre intonierte „Jonna“ die alten und neuen AC/DC-Klassiker: “Let There Be Rock“, “TNT“, “Bad Boy Boogie“, “Hell’s Bells“, “Shoot To Thrill“. Es funktionierte.

„Wer nach drei Sekunden ‚Shoot To Thrill‘ immer noch nichts spürt, der sollte sich mal ganz dringend vom Arzt durchchecken lassen“ Daniel Böhm, Chefredakteur „ROCKS“

AC/DC bauten ihre Bühnenshow aus, setzten auf spektakuläre Effekte: die Höllenglocke, die Kanonen! Was sich nicht änderte, waren der Sound und die ohrenbetäubende Lautstärke. Während Malcolm im Hintergrund mit seinen knochenharten Riffs die Songs vorantrieb und Angus sich quer über die gesamte Bühne austobte, stand Brian meist breitbeinig im Zentrum – stabil, wie ein Fels in der Brandung.

AC/DC

AUSSERIRDISCH GUT – 40 JAHRE BACK IN BLACK

Am 25. Juli 1980 – nur fünf Monate nach dem Tod von Bon – erschien BACK IN BLACK und erklomm sofort Top-Positionen der Charts in den USA, England, Frankreich und Deutschland. BACK IN BLACK wurde zum Startschuss für die Karriere von AC/DC als weltweiter Stadion-Act und entwickelte sich mit bis heute über 55 Millionen verkaufter Exemplare zum zweiterfolgreichsten Studioalbum aller Zeiten nach Michael Jacksons THRILLER und zum erfolgreichsten Rockalbum ever, noch vor Led Zeppelin, Pink Floyd und den Beatles!

Bis heute hat das Werk nichts von seiner Magie verloren. Noch immer wird BACK IN BLACK in diversen Konfigurationen gekauft oder gestreamt, und der Song “Back In Black“ etwa wurde gecovert von so hochkarätigen Künstlern wie Santana, Shakira, Muse, Living Colour, den Foo Fighters und gesampelt von den Beastie Boys, Eminem und Public Enemy. Allein das spiegelt die kulturelle Tragweite des Ganzen wider.

Millionen Fans in aller Welt, die zu Schulzeiten das zackige AC/DC-Logo in ihre Hefte kritzelten, noch heute sehnsüchtig dem neuesten Album entgegenfiebern, in Konzerten “Hells Bells“ mitgrölen und sich dabei den Alltagsfrust von der Seele bangen, all jene können heute den 40. Geburtstag von BACK IN BLACK, des erfolgreichsten Rockalbums aller Zeiten (!) feiern – und damit AC/DC, die großen Helden des Rock.

„Was für eine Platte. Meiner Ansicht nach darf so etwas in keiner Sammlung fehlen.“ – Peter Maffay

In “Rock And Roll Ain’t Noise Pollution“, dem letzten Stück dieser einzigartigen Monsterplatte, stellen Angus, Malcolm, Brian, Cliff und Phil eindringlich klar, dass Rock’n’Roll alles andere ist als “Lärmbelästigung“ (oder “Lärmverschmutzung“)! Es ist übrigens der einzige Song, den die Band während der Studiozeit auf den Bahamas komponiert hatte. Die allerletzten Worte, die Brian Johnson in der BACK IN BLACK-Schlussnummer voller Inbrunst rausschreit, haben auch 40 Jahre später nichts von ihrer Bedeutung verloren: “Rock and Roll is just… Rock and Roll! YEAH!!“

PS: Im Frühjahr 2020 startete Elon Musks bemannte SpaceX-Rakete mit zwei NASA-Astronauten ins Weltall. Und welche Musik hörten die Raumfahrer an Bord? Genau: BACK IN BLACK von AC/DC! Und was sagt uns das? Die Platte ist einfach… außerirdisch gut!

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