Jun
16
2005

Eierschaukeln auf Raabs Sofa

Eierschaukeln auf Raabs Sofa

Stefan Raab hat Recht behalten. Er werde Bono erst einmal „fragen, ob es ihm gut geht und was er so macht“, verriet der TV Total-Moderator bereits am Samstag im Interview mit der SZ. Wichtig sei ihm vordergründig die Atmosphäre, die Qualität seines Schulenglischs empfinde er nicht als Hindernis. Als sich der irische Superstar mit Anhang gut gelaunt auf Raabs Sofa niederließ, haspelte der zweifache Echo-Preisträger zwar manchmal bei der Übersetzung, das Gespräch verlief dagegen tatsächlich recht atmosphärisch. Zwar traute sich Raab nicht, Bono auf dessen zweifellos beeindruckende Moshammer-Gedächtnisfrisur anzusprechen, war sich aber nicht für die Frage zu fein, ob eine Band wie U2 in den langen Pausen zwischen zwei Alben denn „nur die Eier schaukle“. Worauf ausgerechnet Gutmensch Bono die schlagfertige Antwort parat hatte: „You’ve got to have balls to shake ’em.“ Seinem eloquenten Ruf wurde der U2-Sänger im weiteren Verlauf des Interviews mehr als gerecht. Am Ende hielt er etwa 75% Gesprächsanteile und trat den Rest großzügig an Gitarrist The Edge ab. Bassist Adam Clayton und Drummer Larry Mullen Jr., dessen kantige Gesichtsmuskeln die Nachteile plastischer Chirurgie unbarmherzig in Erinnerung riefen, begnügten sich mit Schlücken aus achtsam bereit gestellten Wassergläsern. Weitere Gesprächsthemen behandelten den frisch ratifizierten G8-Beschluss zum Schuldenerlass für die ärmsten Länder Afrikas, den Bono maßgeblich vorantrieb. Dies sei ein Erfolg, der 1999 beim Weltwirtschafts-Gipfel in Köln seinen Anfang nahm, erläuterte der Sänger und lobte ausdrücklich die Einsatzbereitschaft von „Tony Blair, Chancellor Schroder, Herbert Grunemeyer und Claudia Schiffer“. Dass seit diesem Beschluss dreimal so viele Kinder in Uganda zur Schule gehen könnten, dies sei „Rock’n’Roll“. In Anspielung auf das U2-Video „Numb“ wickelte sich Raab schließlich ein Kabeltelefon ums Gesicht, und erhielt für seinen Jux von The Edge eine seiner Mützen, während Bono einen der Video-Fußtritte nachstellte. Der tatsächliche Videodreh sei damals allerdings weniger witzig gewesen als die vorangegangene Konzeption, verriet der Gitarrist noch. Dass das TV-Studio in Köln-Mülheim wie einen Tag zuvor die Arena „Auf Schalke“ für U2 ein Heimspiel werden würde, war von vornherein klar. Das Publikum bestand zu 90% aus Fans, die den Einmarsch der Rock-Gladiatoren mit zweiminütigem Beifall quittierten. U2 spielten ihre neue Single „City Of Blinding Lights“ hörbar live, und lieferten mit „Vertigo“, das Bono auf deutsch anzählte („Eins, zwei, drei, vierzehn“), noch eine Zugabe. Als spektakulär können seine Camera Eye-Zuwendungen dreizehn Jahre nach „Zoo TV“ allerdings nicht mehr bezeichnet werden. laut.de-Augenzeugen zufolge misst der Traum zahlloser Frauen übrigens höchstens 1,65 cm und trägt daher erhöhte Absätze.