Jun
11
2005

Damon Albarn kritisiert Live Aid II

readmore_rock_RN219832_v1

Das Jahr 2005. Ein bedeutendes in Bob Geldofs Augen. Sein Baby, das Megaevent „Live 8“, hat nichts Geringeres zum Ziel, als „Armut Geschichte zu machen“. Wie vor 20 Jahren bei Live Aid liegt das Augenmerk auf Afrika. Die versammelte Rock- und Popwelt steht politisch korrekt hinter Bob Geldofs Prestigeobjekt. Alle Musiker? Nein, ein nicht ganz unbekannter Sänger einer nicht ganz unbekannten Band sieht die Protestaktion, bei der in Europa und den USA Dutzende Stars performen werden, kritischer als der Mainstream. „Ist das der effektivste Weg, Afrika zu helfen?“, fragt Blur- und Gorillaz-Kopf Damon Albarn. Vor drei Jahren hat er ein Album mit Musikern aus Mali herausgebracht. An einem Auftritt bei Live 8 besitzt Albarn aber kein Interesse. In einem BBC Radio-Interview legt er seine Gründe dar. Für ihn wirken die Konzerte vornehmlich wie eine riesige Werbeaktion für die Teilnehmer. „Es steht ganz außer Frage“, erklärt der Frontmann, „dass alle Künstler, die dort spielen, mit Rekordverkaufszahlen ihrer Platten rechnen können.“ Eigentlich müssten die Musiker für den Auftritt zur Kasse gebeten werden. Albarn fordert, dass die Bands Druck auf ihre Plattenfirmen ausüben, damit die resultierenden Gewinne gespendet werden. Albarn wolle des weiteren nicht an einer Veranstaltung teilnehmen, die derart exklusiv sei. Konkret moniert er die geringe Zahl afrikanischer Künstler bei Live 8. Das sei gerade in einem so vielfältigen Land wie Großbritannien unverständlich: „Mehr als je zuvor ist die schwarze Kultur ein integraler Bestandteil dieser Gesellschaft, warum also ist das Lineup so verdammt angelsächsisch?“. Die Veranstalter schlügen die Tür vor dem schwarzen Kontinent einfach zu, degradierten ihn zum passiven stereotypen Hilfeempfänger, meint Albarn. Das Event behandele Afrika „wie einen missratenen, kranken, leidenden, müden Ort“. Die britische Organisation Black Information Link hatte den Vorwurf vor wenigen Tagen ebenfalls vorgebracht. Daraufhin verwies Geldof auf die Internationalität von „weißen“ Bands wie Rolling Stones, U2 und Coldplay. Sein neuestes Statement gegenüber AFP wirkt da im ersten Moment befremdlich. Darin prognostiziert der Ex-Boomtown Rats-Sänger „Live 8“ einen „glorreichen Misserfolg“. Die Wahrscheinlichkeit, die Politiker des G-8-Gipfels tatsächlich zum Schuldenerlass und einer Erhöhung der Entwicklungshilfen für Afrika zu bewegen, hält er für ziemlich gering. Dennoch möchte Geldof nichts unversucht lassen. „Sonst würde ich für den Rest meines Lebens denken: ‚Ich hätte vielleicht etwas tun können.'“