Das Zweite geht in die Offensive: Mit neuem Digitalsender und jugendlichen Popprogrammen soll die Spezies ZDF-Zuschauer vor dem Aussterben bewahrt werden. ZDFneo heißt seit November die laut Selbstbild „öffentlich-rechtliche Alternative für jüngere Zuschauer“ im digitalen Programmangebot der Mainzelmännchen. Plappern im Plattenladen In neoMusic lädt Die Happy-Frontfrau Marta Jandová allmonatlich zu Talk und Videoglotzen in den Kreuzberger Plattenladen Groove-Records. Die Auftaktsendung war Jugendwahn pur: Sashas Ex (35) palaverte mit Inga Humpe (53) und Tommi Eckart (46) von 2raumwohnung, Schauspieler Jan Josef Liefers (45) und Comedian Michael Kessler (42). Man sprach und sang sogar, hatte offensichtlich Spaß und das ist ja schön. Neben dieser hochnotpeinlichen Plapperei finanzieren unsere GEZ-Gebüren aber auch Sendungen, die tatsächlich einen Draht zu Jugend und Zeitgeist suchen: Etwa die lobenswerte Reihe „JugendKULTur“, die das ZDF irgendwo im Infokanal versteckt, aber dankenswerter Weise auch in seiner Mediathek anbietet. JugendKULTur: Sprachlich wie optisch auf Zeithöhe Die 15-minütigen Filmchen versuchen sich in Beschreibung und Erklärung jugendkultureller Lebenswelten und Styles. Bislang gibt es Folgen zu Emo, Gothic, Hip Hop, Metal, Punk, Rockabilly und Techno. Zuweilen kommen sie im Duktus ein wenig „Sendung mit der Maus“-haft und in den Porträts diverser Emo-Schwaben oder Gladbeck-Rapper auch mal langatmig daher, zeigen sich aber stets gut informiert und sprachlich wie optisch auf Zeithöhe. Klingt komisch, ist aber so. laut.de-Hip Hop-Boss Dani Fromm hält zwar Fard nicht für den „hoffnungsvollsten Nachwuchs-Rapper in Deutschland“ (ZDF-Presseinfo), attestiert der Hip Hop-Folge aber dennoch Qualität. Metal-Mann Michael Edele sieht sein Genre im Großen und Ganzen ebenfalls ansprechend umgesetzt, zumal mit Drone eine Band ausgewählt wurde, deren Mitglieder „lange genug dabei sind und wissen, was sie sagen.“ Die Sendung mit dem Emo Weniger positiv fällt Edeles Urteil hinsichtlich der Rockabilly-Sendung aus, da weder auf die eminent wichtige Ruhrgebiet-Szene, noch auf die das Genre prägenden Filmklassiker (u.a. James Dean) eingegangen wird. Der Emo-Beitrag erklärt nach Meinung Matthias Manthes recht akkurat die Roots des Genres (Rites Of Spring über Dashboard Confessional bis heute) und zeigt einmal mehr: Kein Emo der Welt nennt sich selbst Emo. Ein eher ernüchterndes Urteil fällt Daniel Straub über den Techno-Clip, dessen Gewichtung „über die Frankfurt-Cocoon-Sven Väth-Achse leider kaum hinausreicht.“ Mut zum Klischee Szeneauskennerinnen werden also nichts Neues erfahren, aber dem interessierten Laien bieten die „JugendKULTur“-Filmchen unterhaltsame Einführungen, die das Klischee nicht scheuen und doch kenntnisreich informieren.
Nov
20
2009