Sie nennen ihn den Che Guevara der E-Gitarre, weil er die New Yorker Börse lahm legte und mit seiner Band Rage Against The Machine Straßenschlachten auslöst: Tom Morello bildet den faulen Zahn im weißen Lächeln Amerikas. Hier erklären wir die Umstände, die ihn zum Revoluzzer machten.
„Jeder meiner Songs soll klingen wie eine Mischung aus Johnny Cash und Che Guevara“, sagt Morello und stellt klar: „Die Menschen, die ich in meinen Songs beschreibe, sollen das genaue Gegenteil der momentan regierenden, schwachen und rückgratlosen Politiker darstellen. Meine Helden stehen auf der anderen Seite des Zauns und werfen Molotowcocktails.“
Gerechtigkeitssinn und Aktivismus liegen in Toms Familie tief verankert. Sein kenianischer Vater war der erste kenianische UN-Botschafter, sein Großonkel sogar der erste gewählte Präsident Kenias und seine Mutter hat „Parents for Rock and Rap“ für die Wortfreiheit in Songtexten gegründet. Tom blickt zurück: „Die bizarre Mischung daraus, eine politisch radikale Mutter zu Hause um mich gehabt zu haben und in der äußerst konservativen Gemeinde Libertyville in Illinois aufzuwachsen, hat mich schon in jungen Jahren zum Nachdenken über Ungerechtigkeit gebracht. Ich war die allererste farbige Person in ganz Libertyville und musste eine gehörige Portion Rassismus einstecken. Menschen wie Martin Luther King und Malcolm X, die genügend Courage besaßen, sich gegen die Ungerechtigkeit aufzulehnen, haben mich damals schwer beeindruckt.“
Der Kampf beginnt
Selbst Bruce Springsteen, der Morello für sein aktuelles Album „High Hopes“ und die Tournee angeheuert hat, bezeichnet ihn ausdrücklich als seine Muse. Toms Weg und der seiner Band zeigen, warum: Schon für das Cover ihres Debütalbums wählten Rage Against The Machine das mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Foto von Malcolm Browne aus dem Jahr 1963 – es zeigt einen vietnamesischen Mönch, der sich aus Protest gegen die Ermordung von Buddhisten durch das Regime des Präsidenten Ngo Dinh Diem selbst verbrennt. Vom Debütalbum an ist also klar: Diese Band hat ein höheres Anliegen als Plattenverkäufe und die Vorzüge des Rockstar-Lebens.
In den Folgejahren nimmt Morello an unzähligen politaktivistischen Maßnahmen teil: Im April 1996 beispielsweise werden Rage bei der TV-Show „Saturday Night Live“ aus dem Studio geworfen, weil sie kurz vor dem Auftritt umgedrehte US-Flaggen über die Verstärker hängen – als Zeichen ihrer Abneigung gegen den Studiogast Steve Forbes, ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner und Milliardär. Zudem machen sich Rage für die Freilassung des zum Tode verurteilten Black-Panther-Mitglieds Mumia Abu-Jamal und des indianischen Politaktivisten Leonard Peltier stark, für die sie Benefiz-Konzerte spielen und Fonds einrichten.
Sieg an der Börse
Auf dem Woodstock-Festival 1999 verbrennen Rage die amerikanische Flagge öffentlich auf der Bühne vor zehntausenden Zuschauern. Im Jahr 2000 kommt es während eines Rage-Konzerts neben der Democratic National Convention in L.A. zu bürgerkriegsgleichen Szenen: Die Polizei geht mit übertriebener Gewalt vor und spricht anschließend davon, mit angemessenen Maßnahmen gegen eine gesetzesfeindliche Gruppe reagiert zu haben. Als Michael Moore mit der Band im selben Jahr das Video zum Song „Sleep Now In The Fire“ vor der New Yorker Börse aufnimmt, muss die Börse mitten am Tag geschlossen werden. 2001 starten sie den ersten Farmarbeiter-Streik der USA gegen die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen und Bezahlungen von Taco Bell. Kurzum: Der Harvard-Absolvent Morello wird 2006 mit dem „Eleanor Roosevelt Human Rights Award“ geehrt.
https://www.youtube.com/watch?v=w211KOQ5BMI
Eingefangen ist all dies auf CD: Die drei Studioalben von Rage Against The Machine platzen vor Wut, auf ihrem Cover-Album „Renegades“ (deutsch: Abtrünnige) verknüpft sich die Band mit Bob Dylan und MC5, und die DVD „The Battle Of Mexico City“ zeigt die ganze Wucht ihrer Liveshows.
Toms wichtigste Botschaft lautet: „Live free or die. Warte nicht darauf, dass die Revolution zu dir kommt – sei selbst die Revolution.“
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